Terpene: Eigenschaften und medizinische Wirkungen
Für viele Menschen ist der Ausdruck „Terpene“ wohl noch ein ziemlich unbekannter und seltsamer Begriff. Das wird sich aber in Zukunft ändern, da dieser völlig neue Bereich der Cannabinoid Forschung immer mehr in den Fokus rückt: Marihuana hat viel mehr zu bieten, als ’nur‘ Cannabidiol (CBD) und THC!
In diesem Artikel erfährst du, was Terpene genau sind, wie sie mit anderen Cannabinoiden zusammenarbeiten und wie sich ihre Wirkung ausdrückt. Außerdem werden wir dich darüber informieren, wie du dir diese Wirkung am besten zu Nutze machen kannst!
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Das erfährst du in diesem Beitrag
Was sind Terpene?
Terpene sind geschmacks- und geruchsbildende chemische Verbindungen, die von fast allen Pflanzen und auch von vielen Tieren produziert werden. Sie sind dabei hauptsächlich für den charakterischen Geruch der Pflanze verantwortlich.
Bereits seit dem Altertum wurden natürliche Terpene aus duftverströmenden Pflanzensorten gewonnen, um ätherische Öle oder Extrakte herzustellen. Berühmte Beispiele hierfür sind Pfefferminze, Eukalyptus oder auch Lemongras.
Auch bei der Hanfpflanze sind die Terpene die duftbildenden Komponenten und sitzen in den Harzdrüsen. Man könnte sie sozusagen als die „Wegbegleiter“ der Cannabinoide bezeichnen!
Wie die Cannabinoide THC und CBD haben auch die Terpene vielfältige Auswirkungen auf unseren Organismus. Das liegt unter anderem daran, dass sie ganz einfach die Blut-Hirn-Schranke überwinden können: Sie sind nämlich nur wenige Nanometer groß!
Doch schauen wir uns zuerst die Eigenschaften dieser kleinen Partikel an:
Chemische Einteilung und Eigenschaften von Terpenen
Aus chemischer Sicht sind Terpene organische Kohlenwasserstoffverbindungen. Man bezeichnet sie als Isoprene, da ihre Struktur auf sich wiederholenden Isoprenketten aufbaut (C5H8). Diese Isoprenketten werden wiederum in folgende Gruppen unterteilt:
Monoterpene
Monoterpene bestehen aus lediglich zwei Isoprenketten zu jeweils 5 Kohlenstoffmolekülen (C10H16). Diese Form der Terpene kommt in der Cannabispflanze beispielsweise als das Terpen Limonen, Myrcen, Pinen, Terpinolen und Linalool vor.
Sesquiterpene
Bei Sesquiterpenen haben wir es mit drei Isoprenketten zu tun, mit insgesamt 15 Kohlenstoffmolekülen. Die Terpene Caryophyllen und Humulen sind zum Beispiel Sequiterpene.
Triterpene
Eine weitere chemische Baugruppe von Terpenen sind die Triterpene. Diese verfügen über 30 Kohlenstoffmoleküle und lassen sich zumeist in den Samen, den Fasern und den Wurzeln von Hanf finden. Diese langkettige Terpenform spricht stark auf Lichteinwirkung an.
Dies waren nur einige Beispiele der chemischen Einteilung von Terpenen. Da es mehrere Zehntausend von ihnen gibt, ist diese Übersicht nur ein wahnsinniger kleiner Ausschnitt.
Im Großen und Ganzen weisen jedoch alle Terpene folgende Eigenschaften auf:
- Terpene lösen sich nur sehr schlecht in Wasser
- dank der Kohlenstoffketten sind sie sehr gut fettlöslich (Lipophil)
- sie lösen sich gut in Chloroform
- Terpene sind selten geruchsneutral, im Normalfall aber geruchsintensiv
- sie sind ungemein flüchtig
Funktionen der Terpene in der Pflanzenwelt
Neben ihrem aromatischen Duft haben die Terpene in der Pflanzenwelt vielfältige Aufgaben. Sie werden unter anderem dafür eingesetzt, die Pflanze vor schädlichen Insekten, Parasiten, Pilzen oder Bakterien zu schützen. Andererseits locken sie mit ihrem Duft diejenigen Insekten an, die ihnen bei der Bestäubung helfen.
Es ist zwar so, dass jede Pflanzenart seine eigene Terpenkombination aufweist – innerhalb der Pflanzengruppe ist die Terpenzusammensetzung jedoch so ziemlich die gleiche. Nur so konnte sich im Lauf der Evolution die bestmögliche Terpenkombination entwickeln, die gleichzeitig die Pflanze schützt, ihr aber auch den bestmögliche Chance bietet, sich fortzupflanzen.
Wirkung der Cannabis-Terpene und der Entourage-Effekt
In der Cannabispflanze befinden sich über hundert verschiedene Botenstoffe, die dazu in der Lage sind, mit unserem Körper und unserer Psyche zu interagieren. Die beiden großen Gruppen, das CBD und das THC, kennst Du ja sicher bereits.
Jetzt gesellt ich noch die Gruppe der Terpene hinzu, die ihrerseits ebenfalls auf Körper und Geist wirken.
Terpene sind nämlich viel mehr, als nur schnöde Duftstoffe. Die winzig kleinen Partikel unterstützen im Falle von Cannabis auch all die anderen Moleküle dabei, ihre vorteilhaften Wirkungen zu entfalten. Es tritt ein umfassender Synergie-Effekt auf, bei dem Terpene ihre Arbeit untereinander besser vollziehen können, aber auch die Wirkung von THC und Cannabidiol beeinflussen.
Dieser synergistische Effekt, dass die individuelle Zusammensetzung der verschiedenen Terpene deren Gesamtwirkung verändert, nenne sich Entourage Effekt – und wurde in der Wissenschaft erst vor wenigen Jahren entdeckt! Es ist also bei jeder Pflanze, wie auch beim Cannabis, entscheidend, wieviel von welchem Terpen vorhanden ist und wie sie sich gegenseitig beeinflussen.
Um nur ein kurzes Beispiel zu nennen: Die Konzentration des Terpens Myrcen ist dafür verantwortlich wie stark Tetrahydrocannabinol (THC) wirkt!
Wirkung einzelner Terpene
Hier könnte ihr euch eine Übersicht wichtiger Terpene und ihrer Eigenschaften verschaffen:
Caryophyllen – kann Entzündungen stillen
Das Terpen Caryophyllen kommt in Gewürzen und Kräutern vor, vor allem im schwarzen Pfeffer. Hier trägt das Terpen zum würzigen Geschmack des Pfeffers bei.
Caryophyllen ist ein Mittel, dass lokal Entzündungen stillen kann und auch Schmerzen lindern kann. Es wurde oftmals zur Behandlung von Zahnschmerzen eingesetzt und wirkt auch zuverlässig, wenn es um Pilzbefall geht.
Eine Besonderheit dieses Terpens ist, dass es den CB2-Rezeptor des Endocannabinoid-Systems des Menschen aktivieren kann, obwohl es selbst gar kein Cannabinoid ist! Diese Entdeckung macht Caryophyllen für die medizinische Forschung enorm interessant und eröffnet hier viele Möglichkeiten.
Borneol – ist gut für die Lunge
Borneol ist ein Terpen, dass mit seinem ausgeprägten und erfrischendem Minzaroma punkten kann. Aufgrund dessen wurde es in der traditionellen Medizin schon früher verwendet, um Patienten mit Atemproblemen zu helfen.
Wie sich in der Neuzeit herausgestellt hat, ist Borneol durch seine anti-entzündlichen Eigenschaften hervorragend dazu in der Lage, Lungenentzündungen zu heilen.
Außerdem wird es bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt und ist zusätzlich noch ein tolles Mittel, um sich Insekten vom Leib zu halten.
Humulen – bald in der Krebsforschung vermehrt einsetzbar?
Humulen verfügt eher über ein erdiges Aroma und kann zum Beispiel im Hopfen gefunden werden, es zeichnet sich somit für den Geschmack von Bier verantwortlich.
Dieses Terpen wurde in letzter Zeit als potenter Wirkstoff in der Tumor- und Krebsforschung entdeckt und könnte bald als präventives Mittel in Form eines ätherischen Öles eingeführt werden, um das Wachstum dieser krankhaften Zellen zu reduzieren.
Andere Erfahrungen haben gezeigt, dass Humulen als Appetitzügler eingesetzt werden kann – was man von einem Terpen, dass auch in Cannabis vorkommt, kaum erwarten würde. Wie viele andere Terpene weist es außerdem entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften auf.
Limonen – kann gegen Ängste helfen
Die Terpengruppe der Limonene ist Bestandteil von Zitrusfrüchten, Minze und Wacholder und geben diesen Pflanzen ihren charakteristischen Duft.
Dieses Terpen zeichnet sich ebenfalls mit einer Vielzahl positiven Effekten aus: Es soll angstlösend sein, antidepressiv, antibakteriell und soll auch gegen Krebs helfen!
Ein weiterer Vorzug von Limonen ist, dass es anderen Terpenen dabei hilft, durch die Haut aufgenommen zu werden. Auch bei der Mundschleimhaut wurde dies schon beobachtet – was eine Unmenge an Einsatzzwecken eröffnet!
Linalool – mindert den Stress
Linalool verströmt einen blumigen Duft und erinnert auch leicht an Lavendel. Wir Menschen können dieses Terpen sogar als Einzelsubstanz riechen, selbst bei allergeringsten Konzentrationen.
Dieses Terpen hat eine starke beruhigende Wirkung, wirkt auch gegen Angst und fährt den Stresslevel enorm herunter. Deswegen ist wohl Linalool für den sedativen Part der Hanfpflanze verantwortlich.
Außerdem hat dieses Terpen analgetische und antiepileptische Eigenschaften und wird auch in der aktuellen Krebsforschung eingesetzt.
Mycren – wirkt antibakteriell
Das Terpen Mycren kommt vor allem Zitrusfrüchten vor. Dieses Terpen ist auch in der Cannabispflanze sehr häufig zu finden und ist ebenfalls einer der Bestandteile der Pflanze, die für den sedativen Effekt verantwortlich sind!
Wie die Erfahrung vieler User gezeigt hat, wirken Züchtungen mit einer hohen Konzentration an Mycren eher beruhigend, wohingegen die Sorten mit einer niedrigen Konzentration zumeist als ‚energetisierend und wach machend‘ charakterisiert werden!
Myrcen außerdem noch als antiseptisches und antibakterielles Mittel eingesetzt.
Pinen – ebenfalls entzündungshemmend
Diese Terpengruppe findet sich vor allem in Pinien und Salbei. Pinen ist dabei eines der meist vorkommenden Terpene in der Natur. Der typische Geruch ist nicht nur subjektiv erfrischend, sondern ist auch tatsächlich in der Lage, die Bronchien zu erweitern!
Neben dieser Eigenschaft als Atmungshelfer wird dieses Terpen auch noch dafür eingesetzt, Entzündungen in Schach zu halten.
Terpineol – gern in der Aromatherapie zur Beruhigung genutzt
Das Terpen Terpineol erinnert von seinem blumigen Aroma her besonders an Flieder und ist deswegen häufig in Parfüms zu finden. In Studien, die sich mit Terpineol beschäftigten, wurde oftmals bemerkt, dass es eine starke beruhigende Wirkung ausstrahlt.
Diese beruhigende Wirkung wird häufig in der Aromatherapie verwendet, wo sich Terpineol auch noch mit seinem tollen Geruch auszeichnet!
Mögliche Einsatzgebiete von Terpenen
Nachdem wir nun die einzelnen Terpene erläutert haben, wollen wir nun den Fokus auf die Einsatzgebiete dieser Wirkstoffe lenken:
Können Terpene Entzündungen hemmen?
Dass einige Monoterpene eine starke antientzündliche Wirkung aufweisen, ist seit längerem bekannt und wird dementsprechend auch ausgiebig therapeutisch genutzt. Beispiele hierfür sind die Terpene in Eukalyptusöl, darin speziell das Cineol.
1)Ruth Gallily, Zhannah Yekhtin and Lumír Ondřej Hanuš: The Anti-Inflammatory Properties of Terpenoids from Cannabis. Cannabis Cannabinoid Res. 2018; 3(1): 282–290.
Weiter Beispiele wären das Linalool und das Bisabolol der Kamille.
Wie helfen Terpene gegen Schmerzen?
Viele Terpene verändern das Schmerzempfinden. Zum Beispiel zeigte sich das Monoterpen Cineol bei Tierversuche als schmerzlindernd. Auch Linalool wirkt in diese Richtung, genauso wie Menthol oder Campher.
2)Epifanio Mondello et al. Cannabinoids and spinal cord stimulation for the treatment of failed back surgery syndrome refractory pain; J Pain Res. 2018; 11: 1761–1767.
Ebenfalls bei Tierversuchen erfolgreich gegen Schmerzen waren verschiedene Sesquiterpene aus dem Fieberkraut. Mycrene zeigte ebenfalls diesen Effekt.
Abwehr von Insekten und Parasiten
Um Insekten und Parasiten loszuwerden wurden schon seit langem ätherische Öle eingesetzt. Teebaumöl lässt sich hier anführen, genauso wie die Terpene in Thymian.
Gegen Pilzbefall und andere Parasiten zeigen Sesquiterpene aus den Artemisia-Arten Wirkung, wie auch das Terpen Parthenolid.
Das Terpen Limonene lässt sich spezifisch gegen den Befall von Parasiten einsetzen.
Neuroprotektive Eigenschaften
In Tierversuchen wurde gezeigt, dass das Monoterpen Safranal gegen die Schädigung des Hippocampus wirken kann. Auch die Diterpene Ginkgolid A und B wirken neuroprotektiv, da sie den Hirnstoffwechsel anregen und andere kognitive Funktionen aktivieren.
Auch gegen Alzheimer werden diverse Terpene eingesetzt, beziehungsweise bei der Behandlung von Störungen des zentralen Nervensystems. Das Terpen Geraniol trägt ebenfalls ausgeprägte neuroprotektive Eigenschaften in sich.
Abwehr von Mikroorganismen – Mythos oder Realität?
Auch bei unerwünschten Mikroorganismen können Terpene willkommene Helfer sein: Sie wirken aktiv gegen Protozoen, Bakterien und gegen Pilze. Genauer gesagt hemmen ungefähr 60% der Terpene in ätherischen Ölen das Pilzwachstum, und 30% von ihnen hemmen das Bakterienwachstum.
Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die chemische Lipophilie des Terpens die Membranstruktur dieser unerwünschten Mikroorganismen durcheinander bringt.
Beispiele für diesen Anwendungsbereich wären Basilikumöl oder auch das Aframodial. Das Terpen Bisabolol hat sich ebenfalls schon als ein Mittel gegen Mikroorganismen unter Beweis gestellt.
Terpene wirken antiviral
Auch speziell gegen Viren können Terpene eine starke Wirkung zeigen. Vor allem aus der Stoffklasse der Diterpene lassen sich einige Vertreter nennen, wie zum Beispiel das Prostratin.
Gegen Herpesbefall kommt ein anderes Terpen zum Einsatz: Das Sesterterpen Variabilin kann hier eine Linderung der Beschwerden bewirken.
Daneben hat sich auch das Terpen Bisabolol als einsatzstark gegen Viren erwiesen.
Es wurden sogar erfolgreiche Studien gegen den HIV-Virus durchgeführt, wenn auch nur im Reagenzglas. In Studien am Menschen wurde zumindest die Aktivität der Viren deutlich nach unten geschraubt. Terpen als Heilmittel gegen Aids? Das wäre durchaus möglich. Diese Stoffgruppe ist in vielerlei Hinsicht extrem bemerkenswert!
Schutz der Leber durch Terpene
Ein weiteres Mittel aus dem Reich der Terpene, welches die Leber bei ihrer Regeneration unterstützen kann, ist die Oleanolsäure. In China wird dieser Terpenabkömmling bei der Behandlung von Hepatitis eingesetzt.
Das Terpen Caryophyllen ist ebenfalls ein Mittel, dass der Leber zugute kommen kann und somit dem gesamten Organismus hilft, wieder auf die Beine zu kommen – die Leber ist ja nicht umsonst das wichtigste Organ des menschlichen Stoffwechsels!
Fazit
Wie Du in den vergangen Abschnitten gesehen hast, ist die potentielle Wirkung von Terpenen vielversprechend. Diese erst kürzlich entdeckte Wirkstoffgruppe kann für viele Patienten einen großen therapeutischen Nutzen bringen, nicht zuletzt auch für Patienten, die sich für Cannabis interessieren.
Der Schlüssel zur Wirkung von Terpenen liegt jedoch nicht in ihren Einzeleigenschaften, sondern in dem harmonischen Effekt, den sie synergistisch bewirken können. Diesen Entourage-Effekt müssen wir erst noch richtig verstehen, um zu der bestmöglichen Kombination eines Terpenpräparats gelangen zu können.
Die Wissenschaft hat diese Entwicklung begrüßt und forscht angestrengt in diese Richtung. Mit dem Voranschreiten weiterer wissenschaftlicher Ergebnisse werden wohl auch in der nahen Zukunft bedeutend mehr Informationen über die Terpene und ihre Wechselwirkungen bekannt werden.
Wir können aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass Terpene maßgeblich daran beteiligt sein werden, Patienten mit Beschwerden in ihrer Heilung zu unterstützen. Vielleicht tun sich auch gänzlich neue Einsatzgebiete auf – wir dürfen auf jeden Fall gespannt sein!
Quellen [ + ]